Donnerstag, 13. November 2014

Idyllischer Westsee - Fiktion oder Wirklichkeit?



Der See sieht wild aus. Beinahe so ungehalten und unberechenbar wie das Meer und doch schwingt noch ein wenig Gutmütigkeit in den harschen Wellen mit. Ein paar Fischer und Männer der Einsamkeit gleiten in ihren kleinen Fischerboten nicht weit von uns entlang. Unsere Fahrräder, die wir uns am Morgen ausgeliehen haben, geben alles in ihren alten Tagen, um uns bestmöglich über die verträumten „Causeways“ des Westsees zu kutschieren. Währenddessen kommen wir an unzähligen Weiden vorbei. Sie lassen kaum eine Stelle des Ufers völlig frei und vermitteln den Eindruck, man treffe jeden Augenblick auf Monsieur Monet oder laufe Monsieur Renoir bei der Arbeit direkt in die Arme. Wäre da nicht der knallrot-leuchtende KFC am Horizont zu erkennen. 




Trotzdem hatten wir das Gefühl, dass nichts und niemand diesem See seinen Charme nehmen kann,  während wir die Massen an kleinen Brücken und
Pagoden hinter uns ließen. Die zehn Beeindruckensten wurden schon vor langer Zeit unter den „Zehn schönsten Szenerien des Westsees“ zusammengefasst. Jeder Ort hat danach seinen eigenen, sehr poetisch klingenden Namen bekommen. Die Leifeng-Pagode, deren Platz auf den Namen „Leifeng-Pagode im Abendglühen“ getauft wurde, haben wir selbst besichtigt. Anderen, wie der „Grasmücke, die in den Weiden singt“ oder dem „Schmelzenden Schnee auf der durchbrochenen Brücke“, konnten wir leider keinen Besuch abstatten. Zu schade, dass ich von diesen goldigen Namen erst im Nachhinein erfahren habe, sonst hätte ich mir die „Grasmücke“ bestimmt nicht entgehen lassen.


Später führte unser Weg völlig unerwartet zum Lingyin-Tempel. Eigentlich hatten wir geplant, den ganzen Tag am Westsee zu verbringen, aber nach eine Weile, war uns nach Laufen zumute und wir entschieden uns spontan für einen Abstecher in die Welt der Mönche und Räucherstäbchen. Das Arial war wirklich beindruckend. Es gab so viel zu sehen, dass man hierfür wohl lieber Wocheneintrittskarten inklusive Übernachtung verkaufen sollte. Wir schauten uns, die in Fels gehauenen, buddhistischen Skulpturen an, nun ja einige von ihnen, insgesamt sind es 400. Hatte ich erwähnt, dass das Gelände weitläufig ist? 


Nachdem wir den Weg neben den Steinhängen passiert hatten, wurden wir auf einem Treppenaufstieg von Tempel zu Tempel geleitet, bis wir schließlich am Ende angelangt waren und eine Aussicht bis zu den Umrissen der städtischen Hochhäuser genießen konnten. Wie gerufen kam in diesem Moment die Sonne noch einmal heraus, für die letzten, hellen Stunden des Tages.

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