Mittwoch, 8. Oktober 2014

Unsere kleinen Eigenheime



Leute tut mir leid, dass ich erst jetzt schreibe, aber die Dinge sind uns hier ein wenig über den Kopf gewachsen. Wir alle haben uns glaube ich die Wohnungen im westlichen Stil ein wenig anders vorgestellt und waren extrem geschockt als unsere Linkteacher Patrick und Selina uns das erste Mal die Wohnungen aufschlossen und das Innere offenbarten...



In meiner Wohnung hat so gut wie gar nichts funktioniert, aus der Gasflasche ist das Gas in die Umgebung geströmt statt zur Herdplatte, meine Toilettespülung hat erst keinen Mucks von sich gegeben und auch, nachdem der Handwerker sie unter seine Fittiche genommen hatte, war es nicht besser um sie bestellt, sie hörte jetzt nicht mehr damit auf, vor sich hin zu spülen. Außerdem waren fast alle Klimaanlagen mittlerweile einmal kaputt und die Waschmaschinen überschwemmen alle regelmäßig unsere Küchen. Kurz gesagt, wir wollten am Liebsten direkt wieder umdrehen. Aber wie heißt es so schön, wenn es einem nicht passt, Ärmel hochkrempeln und selbst anpacken. Die kaputten Dinge können wir zwar nicht selber reparieren und müssen laut unseren Linkteachern  „pationed“ sein, was wir aber ändern können, ist den Schmutzhaufen und Farbflecken den Kampf anzusagen.


Dementsprechend war unser erstes Ziel der Supermarkt, den wir erst mit Tüten voller Putzmittel, Lappen und vor allem Insektenspray  wieder verließen. Als mein Lieblingsaccessoire hat sich das Raid-Spray in den letzten Tagen entpuppt, das wir täglich benutzen, um Abflüsse und Türschlitze einzusprühen. Erst gestern war es wieder mein Retter in der Not, als es darum ging eine Riesenspinne mit sehr beharrten Beinen zu entfernen, die nach einer durchzechten Nacht meine Nerven endgültig an ihr Ende brachte. Aus Angst vor der Spinne habe ich von dem Zeug allerdings so viel gesprüht, dass mir im Anschluss selbst schon ganz schwindelig wurde. Etwas kontraproduktiv, aber shit happens. Das war es mir alle Male wert.


Raid ist übrigens ein Nervengift, das es in verschiedener Ausführung gibt. Vor drei Tagen haben wir es mit Orangenduft entdeckt. Einmalig das Zeug!



Unsere nächste Aufgabe war es, den Boden einigermaßen sauber zu bekommen. Laut unseren Linkteachern, hat die Schule ja sehr viel in unsere Wohnungen investiert, was wir zu schätzen wissen sollten. Jetzt fragt sich, was diese Ausgaben gewesen sein sollen. Der eigens organisierte Putztrupp scheint jedenfalls zwei benutze Kondome und eine drei cm Dreckschicht auf so ziemlich allem übersehen zu haben. Wir alle saßen stundenlang, um den Boden einigermaßen sauber zu schrubben, mit den Händen versteht sich. Die Wischer, die wir hier finden konnten, sind nämlich eher kuschelweiche Plüschbommel, als ernstzunehmende Putzutensilien. Die engagierten Maler haben es vielleicht gut gemeint, allerdings in Anbetracht der Tatsache, dass sie vergessen hatten, vorher Möbel und Boden abzudecken, sowie den Schimmel zu überstreichen, waren es letztendlich, na ja, ein nicht sehr profitabler Dienst.  Also Leute ihr seht, es gab viel für uns zu tun. 


Mein absoluter Favoritenzimmer ist übrigens das 1,5 m² große Badezimmer alias „die Klodusche“, das eigentlich schon von der Toilette vollkommen ausgefüllt wird, allerdings auch noch eine Dusche beherbergt. Und falls ihr jetzt fragt, ja das geht wirklich. Ich mit meinen 1, 80m habe da immer viel Spaß bei Duschen. Manchmal schaffe ich sogar einen halben Spagat. Der wird Tag für Tag besser, sage ich euch. 


Genauso einmalig wie das Badezimmer ist auch der Weg von der Schule zu unseren Wohnungen. Um dort hinzugelangen müssen wir jedes Mal die legendäre Hühnerstraße durchqueren. Falls man noch kein Vegetarier war, ist man spätestens jetzt zu einem geworden. Die Hühner, Enten und anderen Tiere stehen hier den ganzen Tag eingepfercht in kleinsten Gehegen in der prallen Hitze von 43 Grad. Sollte jemand Interessen zeigen, wird das Tier live vor versammelter Mannschaft geschlachtet und auf einem schmutzigen Gestell, namens Holztisch, auseinandergenommen. Die Innereien werden nach Möglichkeit sofort entsorgt und liegen dann auf der Straße herum. Ein gewöhnungsbedürftiger Anblick. Ich habe übrigens beschlossen, in China kein Fleisch mehr anzurühren, nachdem ich ein paar Tage das Szenario mitansehen musste. Elli ist ja sowieso schon Vegetarierin…


Last, but not least kommt ein gewisses Ereignis dazu, das sich vor einigen Tagen in unserem Hausflur zugetragen hat. Es war ein Sonntag, 23:50 Uhr, als Lena plötzlich erschrocken aus dem vierten Stock zu uns ins Erdgeschoss herunterschreit. Das, was vor ihrer Tür saß, war so absurd, dass wir erstmal in schallendes Gelächer ausbrachen. Es war ein Huhn. Ein lebendiges, dickes und ziemlich verstörtes Huhn, das sich unter keinen Umständen nach unten bewegen ließ. Was sollten wir nun tun? Ich meine, hat irgendjemand von euch schon mal die mögliche Szenerie durch den Kopf gehen lassen und sich überlegt, was er in einem solchen Fall tun würde? Höchstwahrscheinlich nicht. Uns ging es nicht anders. Zum Glück war unser gelassener Insektenkiller Friedrich noch wach und konnte uns helfen. Friedrich ist in Südafrika geboren und hat schon ganz andere Dinge erlebt. Er ist zum Beispiel mit zwei Vogelspinnen aufgewachsen, die nur dafür zuständig waren, die Moskitos von seiner Familie fernzuhalten. Also ihr wisst, was ich meine. Jedenfalls griff er kurzerhand zu meinen neonpinken Putzhandschuhen und trug das Huhn die vier Stockwerke herunter. 


So Leute, habt ihr wieder was gelernt hier bei uns: solltet ihr jemals ohne eine Haustür leben, nehmt euch vor Hühnern in Acht!


Soviel zu neuesten Ereignissen. Ich bin sicher, wir werden bald noch sehr viel mehr zu erzählen haben! Es passiert gerade jeden Tag soviel, dass es schwer ist, nichts zu vergessen. Bis ganz bald! 



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