„Next Stop: Xi’an“, tönt es aus den Lautsprechern des Zuges.
Gott sei Dank! Ich konnte kein Auge zumachen diese Nacht. Glücklicher Weise
haben wir das Horror-Hostel von Beijing verlassen und steuern nun auf weitere
vier Tage Abenteuer in einer neuen Stadt zu. Neue Stadt bedeutet neues Hostel,
neue Eindrücke und ganz viele Erwartungen. Die sind im Falle von Xian nicht
besonders hoch, aber die Stadt schafft es, uns mehr und mehr zu überraschen.
Ich weiß nicht wie, aber irgendwie habe ich es geschafft,
mich in meiner grauen, gepolsterten Ganzkörperjacke und meiner, bis zum Rand
vollgestopften, Handtasche, auf dem Tandem-Rad zu halten. Na gut, ich sah dabei
wie eine zu dick geratene Robbe aus, die in Schlängellinie über die holprige
Stadtmauer hechelt, aber weil Elli es, aus mysteriösen Gründen nicht
hingekriegt hat, den Lenker festzuhalten und wir beinahe gegen ein Stehplakat
geknallt wären, habe ich mich dafür entschieden, lieber die Robbe zu sein. Es
war ein herrlicher Tag und der Blick von der Stadtmauer ist bestimmt einer der
besten, von oben auf die Stadt. Nur irgendwie reicht es auch, zwei der vier
Wachtürme anzusehen und sie dabei nicht ganz zu umrunden. Es wiederholt sich ansonsten
nur.
Die Fahrräder zurückgegeben, überlegten wir uns, was wir jetzt noch machen könnten. Das Ganze hatte nicht so viel Zeit beansprucht, wie wir gedacht hatten und da unser Ziel an diesem Tag nur noch die „Große Gans Pagode“ bei Sonnenuntergang war, hatten wir jetzt noch ein paar Stunden offen. Wir beschlossen, statt die Metro zu nehmen, einfach den gesamten Weg zu laufen. Dabei kann man so viele Dinge entdecken, die einem sonst verborgen bleiben.
Gesagt, getan. Und was viel uns auf? Die imposante
Bibliothek in Uni-Nähe natürlich. Da wir nichts Besseres zu tun hatten und
beide die Atmosphäre deutscher Buchläden und Bibliotheken vermissten, gingen
wir auf Entdeckungsreise. Mit Erfolg. Kaum hatten wir die dritte Etage mit den
ausländischen Büchern betreten, wies auch schon ein großer, gelber Pfeil in Richtung
„deutsche Abteilung“. Das muss ein Fehler sein, dachten wir uns. Aber schnell
wurde klar, nein, es gab wirklich Regale voller deutscher und englischer
Bücher. Sofort vergruben wir uns in einen Berg „Lonely Planets“ über
Südostenasien und vergaßen die Zeit, bis es fast zu spät war, den
Sonnenuntergang noch rechtzeitig zu erwischen.
„Oh nein, die Pagode!“, mittlerweile joggten wir halb, um sie
noch sehen zu können. Es war ein spektakulärer Wettlauf gegen die Zeit, oder
besser gesagt, gegen die Sonne, die nun dem Horizont schon beängstigend nah
war. Die Weiten in China sollte man echt nicht unterschätzen, da geht eine
Straße auch mal schnell acht Kilometer. Leider vergaßen wir das selbst immer
wieder.
Angekommen, verschwitzt und außer Atem, konnten wir doch
noch die letzten rot-orangen Sonnenminuten einfangen. Elli wollte die Pagode
erst gar nicht anschauen, nach all der Zeit in China hatte sie allmählich genug
von ihnen. Jetzt sind wir froh, dass wir es doch gemacht haben. Die „Große Ganz
Pagode“ ist irgendwie anders als die anderen, irgendwie einzigartig. Reisen ist
eben wie eine Pralinenschachtel, man weiß nie, was man bekommt.
PS : Die Atmosphäre im Hostel war dieses Mal genial. Wir zögerten nicht lange, uns dort zu verewigen:
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